Historie des Steingräber Verlags
Der 1830 geborene Theodor Leberecht Steingräber,
Cousin des Firmengründers der Pianofabrik Steingräber in Bayreuth, Eduard Steingräber, sowie dessem Bruder Christian, der Gründer der Klavierfabrik Steingräber und Companie in Arnshaugk/Neustadt an der Orla (www.steingraeber.de) schreibt unter dem Pseudonym,
Gustav Damm, die gleichnamige Klavierschule für seine Töchter Clara und Mathilde.
Diese Klavierschule ist so erfolgreich, dass sie 1868 mit der ersten Auflage veröffentlicht wird und hunderte von Auflagen bis in das 21. Jahrhundert erlebt. Sie gehörte zu den am weitesten verbreiteten Klavierschulen und begleitete als - der Damm - Generationen von Klavierschülern in aller Welt. Bis zum ersten Weltkrieg erschienen mehr als zwei Millionen Exemplare in 12 verschiedenen Sprachen.
Mit diesem Erfolg gründet Th. Steingräber den Musikverlag am 1. Januar 1878 in Hannover. Der Verlag wird 1890 nach Leipzig verlegt, die Stadt der Musikverlage.
Im Mai 1893 wurde sein Schwiegersohn, Walter Friedel, Verlags- und Buchhändler und Ehemann von Clara, Teilhaber.
In diesen Jahren bestand Kontakt zu jungen Komponisten, deren Werke im Verlag veröffentlicht wurden. Die von Richard Strauss 1885/6 komponierte Burleske in d-moll für Klavier und großes Orchester erschien im Verlag 1894; die Serenade in Es-Dur für 5-stimmiges Streichorchester von Ermanno Wolf-Ferrari 1900.
Im Jahr 1904 starb Theodor Steingräber und damit wurden seine beiden Töchter Mathilde Steingräber und Clara Friedel geb. Steingräber Mitgesellschafterinnen des Verlages.
Walter Friedel starb im November 1916. Von 1916 bis 1926 leitete dann Georg Heinrich, der Schwiegersohn von Frau Clara Friedel, den Verlag für die beiden Inhaberinnen.
In diese Zeit fallen besondere Veröffentlichungen, z.B. 1922 die Serenade op. 20 für neun Blasinstrumente von Henri Marteau und 1923 die Oper „Sakahra“ von Simon Bucharoff, (1881- 1955), die 1924 in Frankfurt am Main welturaufgeführt wird. Die Sinfonie Nr. 1 op. 10 für großes Orchester von Eduard Erdmann, das Konzert für Violoncello op. 44 von Rudolf Moser sowie das Streichquartett Nr. 1 von Hermann Scherchen und das Klavierquintett op. 3 von Max Trapp ergänzten das Repertoire und sind heute wieder vorrätig.
Mathilde Steingräber starb im Jahre 1945.
Im 2. Weltkrieg wurden der Verlag und die angeschlossenen Unternehmen, die Druckerei und Bindereifirmen Ludwig Fries und Heinrich &
Scheffel, während eines Luftangriffs auf Leipzig
im Dezember 1943 ein Raub der Flammen. Fast alle der
4500 Werke gingen verloren. Der
Aufbau nach dem
Krieg war sehr schwierig.
Verlagsgebäude 1928

Mit dem Tod von Clara Friedel
geb. Steingräber am 31. Januar
1953 ging dann der Verlag in
den Besitz deren Enkelin Hildegard Pilz, geb. Heinrich, über,
die im gleichen Jahr das Unternehmen von Leipzig über
Frankfurt nach Offenbach übersiedelte. Hier besteht auch
heute noch der Firmensitz.
Frau Hildegard Pilz, verstorben 2011, übergab am 1. August 2009 den Verlag an ihre Tochter, Florentine Schröder, geb. Pilz, die jetzt alleinige Inhaberin des Verlages ist.
Der Verlag widmete sich von Anfang an der Schul- und Unterrichtsmusik. Mit der „Damm-Klavierschule“ schuf er sich einen guten und bekannten Namen in der Musikerziehung.
Ermutigt vom großen Erfolg der Klavierschule wandte sich Steingräber auch der Herausgabe klassischer Klavierwerke zu. Durch Quellenstudium entwickelte er wissenschaftliche, sehr fundierte Ausgaben mit spielpraktischen Einrichtungen zur Traditions-Marke Steingräber. Bach und Beethoven Ausgaben, bearbeitet von Theodor Kullak, Dr. Hans Bischoff, Dr. Friedrich Stade und anderen Musikwissenschaftlern begründeten diesen Erfolg. Damit war der Verlag so erfolgreich, dass seine Ausgaben bis heute nicht aus dem Repertoire wegzudenken sind. Viele dieser berühmten Ausgaben sind heute wieder bei uns erhältlich.
Darüber hinaus liegen zahlreiche Unterrichtswerke von namhaften Lehrern, wie Frey, Pischna, Schmitt und Schütze vor, sowie Bearbeitungen der Sonatinen von Muzio Clementi durch R. Kleinmichel und Willy Rehberg.
Die hauptsächlichen Verlagsgebiete sind daher auch heute noch Schul- und Unterrichtsmusik, Ernste Musik und Bearbeitungen der klassischen Literatur.
Hervorragende Künstler waren immer für den Verlag tätig. Unter anderen der namhafte Schweizer Musikprofessor, Pianist und Komponist Walter Rehberg (1900-1957); er hat Konzerte für Klavier und Streich-Orchestervon J. Ph. Rameau bearbeitet, sowie sämtliche Klaviersonaten von Schubert neu bearbeitet, teilweise ergänzt und mit Fingersätzen versehen.
Zahlreiche Werke Henri Marteaus (1874-1934), frz. Violinist und Komponist, hat der Steingräber Verlag herausgegeben und etwa hundert seiner Bearbeitungen der klassischen Violinliteratur.
In der Person Walter Friedels, Leiter des Stein- gräber Verlags begegnete Marteau 1909 dem verständnisvollen Verleger, der seine pädagogschen Fähigkeiten so hoch einschätzte, dass er ihm den Auftrag für diese umfangreiche Bearbeitung anbot. Die gewaltige Aufgabe sollte sich auf den Rest seines Lebens erstrecken.
Eine der wichtigsten Bearbeitungen, wenn nicht die bedeutendste, war die Herausgabe der sechs Solosonaten von J. S. Bach, in denen die Quintessenz jahrelanger Erfahrungen in Studium und Konzert niedergelegt war.
Nach dem Krieg 1919 wurden die Beziehungen vom Steingräber Verlag zu Marteau wieder aufgenommen.
Das Haus Marteau in Lichtenberg (Oberfranken) ist seit 1982 eine Musikbegegnungsstätte, um hier die Intentionen Marteaus weiterzuführen.
Der Steingräber Verlag will im zweiten Jahrhundert seines Bestehens diese Tradition fortsetzen und mit der aktuellen Edition sowie mit Wieder- und Neuauflagen Zeichen setzen.